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19. Dezember 2009 Die Kopenhagener Weltklimakonferenz ist weitgehend gescheitert. Nach einer mehrstündigen Unterbrechung der Plenumssitzung verständigten sich die Konferenzteilnehmer am Morgen darauf, die umstrittene „Kopenhagener Vereinbarung“ lediglich zur Kenntnis zu nehmen. Dem vorausgegangen war eine hitzige Debatte im Plenum, die keine Mehrheit für die von einer kleinen Runde von Staaten ausgehandelte Vereinbarung gezeigt hatte.
Ein Vorschlag des britischen Energieministers Ed Miliband fand ebenfalls keine Mehrheit. Er hatte sich dafür ausgesprochen, die Vereinbarung anzunehmen, gleichzeitig aber diejenigen Staaten in einem Anhang aufzuführen, die das Dokument ablehnten.
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Die Nacht war lang: Müde Delegierte im Abschlussplenum
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Seit Montag vergangener Woche verhandelten in der dänischen Hauptstadt Vertreter aus 193 Staaten über ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls, dessen Verpflichtungsperiode Ende 2012 ausläuft. Ziel der Verhandlungen war ein Abkommen, mit dem verhindert werden sollte, dass die Erderwärmung um mehr als zwei Grad ansteigt. Die Chancen für ein rechtlich verbindliches Abkommen waren bereits in den Wochen vor der Konferenz deutlich gesunken, mehrfach standen die Beratungen kurz vor dem Aus. Am Donnerstag hatten die Staats- und Regierungschefs die Verhandlungen übernommen.
In der Nacht zum Samstag herrschte zeitweilig Putsch-Atmosphäre im Klima-Plenum, als das große Plenum, bestehend aus 193 Staaten, über den Entwurf entscheiden sollte. Einige Länder protestierten, die an der Entscheidung nicht beteiligt waren. Vor allem die Delegierten mehrerer Entwicklungsländer machten deutlich, dass ihnen die Art und Weise, wie ihnen die Klimaeinigung präsentiert wurde, absolut nicht passte. Sie hatten das - auch nach Ansicht mancher Beobachter nicht ganz unberechtigte - Gefühl, die Großen und Mächtigen unter der Führung der Vereinigten Staaten hätten den Deal in den Hinterzimmern des riesigen Kopenhagener „Bella Centers“ ausgemacht. Und nun sollten sie den Text nur noch durchwinken (siehe auch Klimagipfel: Die Grad-Wanderung von Kopenhagen). Der Delegierte des kleinen, vom Anstieg des Meerespegel bedrohten Inselstaats Tuvalu bekam die Chance, das Wort zu ergreifen, und er nutzte sie für einen flammenden Appell.
„So etwas habe ich noch nie gesehen“Zum Thema
Ian Fry kritisierte das Abkommen schonungslos als Makulatur. Statt einer unverbindlichen Festlegung auf 2 Grad müsse die Staatengemeinschaft festschreiben, dass die Temperatur höchstens 1,5 Grad steigen dürfe, verlangte er. Sonst sei sein Staat dem Untergang geweiht. Die Gelder, die die Industriestaaten den Entwicklungsländern zur Anpassung an den Klimawandel in Aussicht stellten, bezeichnete er unter dem Applaus der Delegierten als „30 Silberlinge, um unser Volk und unsere Zukunft zu verraten“.
Kaum hatte er geendet, ergriffen die linksgerichteten Lateinamerikaner das Wort. Die Delegierte von Venezuela sprach von einem „Staatsstreich“ gegen den Geist der Vereinten Nationen. Der bolivianische Delegierte schimpfte über die „diktatorische“ Weise, wie den Delegierten das Papier nur kurz zur Abstimmung präsentiert worden sei. Ähnlich äußerten sich Kuba und Costa Rica. Bei allen war klar zu spüren, dass sie mit ihren Attacken vor allem die Vereinigten Staaten meinten.
Als der amerikanische Delegierte zwischendrin versuchte, das Ruder herumzureißen, unterbrach ihn der Delegierte von Nicaragua mit einem Störmanöver und brachte den sichtlich überforderten Rasmussen dazu, ihm das Wort zu erteilen. „So etwas habe ich noch nie gesehen“, hörte man immer wieder staunende Beobachter im Kongresszentrum rufen.
Schlusssitzung auf unbestimmte Zeit unterbrochen
Als der ohnehin umstrittene sudanesische Chef-Unterhändler und Sprecher der Entwicklungsländer (G77), Lumumba Stanislaus Di-Aping, erklärte, das Abkommen bedeute den Tod vieler Afrikaner und es mit dem Holocaust verglich, ging ein Raunen durch den Saal. Der britische Delegierte sprach von einem „ekelhaften“ Vergleich. Er sprach angesichts der Proteste im Plenum von einer ernsten Krise. Die Delegierten hätten nun die Wahl, ein nicht ganz perfektes Abkommen zu unterstützen oder nach dem Willen des Sudan die Konferenz zugrunde gehen zu lassen. Seine Rede wurde mit langem Applaus bedacht.
Angela Merkel im „Bella Center” in Kopenhagen
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