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DieMenschenfleischsuche DieMenschenfleisch-Suchmaschine betreibt die Hexenjagd übersInternet. Junge chinesische Nationalisten bringen damitAndersdenkende in der Tibetfrage zur Strecke.
RENROU YIN QING ModernesInstrument der Hexenjagd. Netzwerk von Internetbenutzern, die es sichzum Ziel setzen, die Identität einer Person zu enttarnen unddiese dann zu mobben. Oft ist der Gesuchte dann Freiwild fürAngriffe auch im wirklichen Leben. Wird in den letzten Wochen vorallem von jungen chinesischen Nationalisten eingesetzt, umAndersdenkende in der Tibetfrage zur Strecke zur bringen. DieMenschenfleischsuche (renrou sousuo) erregte erstmals im Jahr2007 Aufsehen, als fremde Internetbenutzer sich in eineScheidungsschlacht einschalteten: Sie fanden heraus, dass hinterbeleidigenden E-Mails und Briefen an die geschiedene Exfrau die neueEhefrau stand. ZuBeginn diesen Jahres traf es ein zwölfjähriges Mädchen,das in einer Straßenbefragung des Staatsfernsehens Maßnahmenzur Zensur des Internets guthieß und dabei erzählte, wiees einmal den Computer angeschalten habe und als Erstes auf eineWebseite gestoßen war, die "sehr gelb, sehr brutal"gewesen sei. Huang, gelb, ist im Chinesischen ein anderes Wort für"pornographisch".
DerSatz "sehr gelb, sehr brutal" wurde zum Running Gag inchinesischen Onlineforen und schnell bildete sich eine"Menschenfleisch-Suchmaschine", um die Identität dernamenlosen Interviewten herauszufinden. Bald fand sich dieZwölfjährige mit Namen, Alter, Schule und mehreren Fotos imInternet wieder, die Familie erhielt obszöne Anrufe und derVater klagte in einem offenen Brief an die Netzgemeinde, seineTochter werde auf der Straße von Wildfremden "schiefangeschaut". Seitden Protesten gegen Chinas Tibetpolitik arbeitet der Online-Mob aufHochtouren, auch länder- und kontinenteübergreifend. EinAnlass war die Aktion eines tibetischen Demonstranten in London, derversuchte, die olympische Fackel aus den Händen einerchinesischen Rollstuhlfahrerin zu entreißen, die Teil desFackellaufes war, was in China besondere Empörung auslöste. Aufdem populären südchinesischen Forum Tianya fand sich alsErstes ein Nutzer, der mitteilte, "der Name der hirntoten dummenFotze" sei Lobsang Gendun, der Gesuchte wohne in Utah, USA,Adresse und Telefonnumer anbei. Ein weiterer stellte einenSchnappschuss aus Google Earth dazu, in dem Genduns Haus markiertwar, ein Dritter lieferte ein Foto des Hauses. Nur:Lobsang Gendun, ein tibetischer Immigrant in den USA, waroffensichlich der Falsche. Dem Lokalsender KSL berichtete derüberraschte Gendun, wie er jetzt nächtliche Telefonanrufebekommt, Morddrohungen per E-Mail und wie seine Familie mittlerweileAngst hat. In London, sagt er, sei er nie gewesen. Im Übrigenfände er es gut, dass die Olympischen Spiele in Chinastattfinden. Denn somit würden die Chinesen der Außenweltausgesetzt sein. Ander Duke-Universtät in North Carolina studiert die jungechinesische Studentin Wang Qianyuan aus Qingdao. Sie beging denFehler, mit ihren tibetischen Kommilitonen zu reden, weil sie derenPosition verstehen wollte. Alswährend des Fackellaufes durch San Francisco einige Tibeter undAmerikaner eine protibetische Demonstration auf dem Duke-Campusorganisierten, da traf dieser Protest auf eine Gegendemo derchinesischen Auslandsstudenten. Wang Qianyuan aber stellte sich nichtauf die Seite ihrer Landsleute, sondern zwischen die Fronten. DieHexenjagd nach der Chinesin, die sich "auf die Seite der Tibetergeschlagen hat", begann auf der Webseite der Duke ChineseStudents and Scholars Association und setzte sich später vorallem im populären chinesischen Tianya-Forum fort. Wer im Detailnachlesen möchte, was im Netz geschah, der kann dies auf dieserSeite: Hiereinige Auszüge vom 10. April: "Ichwill Fotos sehen!" "DieseHündin lass ich keine fünf Meter an mich ran." "Sollabkratzen, schamloses Ding." "Was?Von der Qingdao Mittelschule? Lässt uns so das Gesichtverlieren? An Ort und Stelle exekutieren." "Istsie das?" (An dieser Stelle erscheint erstmals ein Foto) "Laddas Foto hoch. Ich wollte immer schon ein Internethooligan sein. Derzeig ich's."
"Damusst du aber schon erst mal Beweise vorlegen." "Gebtdem Ministerium für Staatssicherheit, der chinesischen Botschaftund ihrer Heimatgemeinde Bescheid." "Alsobitte, führ hier nicht deine persönlichen Rachefeldzüge,so blind sind die Leute im Netz nicht." "Dieheiratet jetzt keiner mehr." "Ruftdie Menschenfleischsuchmaschine!" "Vielleichthat sie zu viele ausländische Teufel gefickt. Wo kommt bloßso ein Müll her?" "Beweisesind wichtig! Wir wollen niemandem schaden, der unschuldig ist. Aberdie Bösen lassen wir nie mehr in Ruhe!" "Alarmiertden Zoll, dass sie sie schnappen, und wenn sie Familie hat, findetsie und prügelt ihre schamlosen Kinder tot, damit sie nie mehrdem chinesischen Volk schaden." "Ichfick sie." "Rassenverräterin!Verräterin! Früher oder später wird deine ganzeFamilie bezahlen." "Ichfordere alle auf, sich zu beruhigen! Wir müssen zuerst dieFakten herausfinden und dann kritisieren. Vielleicht ist sie ja garkeine Rassenverräterin." "Wenndas wahr ist, dann gehört sie auf der Stelle ausgelöscht." "LiebeMitschülerin Wang, leider bin ich in China und kann dir nur imGeiste zur Seite stehen." "Wiekommst du verdammt nochmal dazu, sie auch noch unterstützen zuwollen?" Amnächsten Tag lädt jemand ein Video von den Protesten hoch,auf dem Wang Qianyuan zu sehen ist. "Sie steht eindeutig auf deranderen Seite der Masse der chinesischen Studenten!" schreibtderjenige, der das Video hochgeladen hat, und dann:"Menschenfleisch!!!!!!!!!!!!!!!!!"
DieNummer von Wangs Personalausweis wird ebenso veröffentlicht wieAdresse und Telefonnumern ihrer Eltern in Qingdao. Ein Freund Wangsteilte am 15. April mit, dass die Wohnung der Eltern mit Steinenbeworfen wurde und dass die Eltern aus Sicherheitsgründenuntergetaucht seien.
(sueddeutsche.de/odg)
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[ 本帖最后由 空气稀薄 于 2008-4-26 22:17 编辑 ] |