本帖最后由 interpretersong 于 2010-1-15 10:02 编辑
http://www.sueddeutsche.de/computer/811/500082/text/ GooglesAußenpolitik14.01.2010, 10:28 Seite 1 von2 Google handelt gegenüber China wie ein Staat,weil Meinungsfreiheit die Geschäftsgrundlage des Unternehmens ist. Doch wennKonzerne Politik machen, lauern Gefahren. Blumen vor dem Pekinger Google-Sitz: StaatsähnlicherAkteur mit eigennützigen Motiven.
Foto: AP Fastkönnte man meinen, Google sei ein Staat. Der Gestus jedenfalls, mit dem derInternet-Konzern verkündete, die Zensur seiner Suchmaschine durch ChinasMachthaber nicht mehr zu dulden und androhte, seine Konzernfiliale in China zuschließen, erinnert an eine Regierung, die diplomatische Beziehungen abbricht. Nunhaben Konzerne schon seit jener Zeit Politik betrieben, als die Fugger ihremKaiser Karl V. den Sieg in der Schlacht bei Pavia finanzierten. Selten abertraten Firmen so offen als weltpolitische Akteure auf, wie derSuchmaschinenkonzern. Doch es war ein richtiger Schritt, den Google da getanhat. Aus drei gewichtigen Gründen. ImVideo: China pocht auch nach der Google-Drohung auf seine Zensur im Internetund hat die Medienunternehmen zur Zusammenarbeit aufgefordert. ANZEIGE Zunächst einmal verdeutlicht Google der Welt die politische Dimension dersogenannten "Cyberwarfare", der digitalen Kriegsführung. Für vieleist das noch ein abstrakter Begriff, der scheinbar nicht viel mehr beschreibtals Sabotage und Vandalismus. Weildas Internet aber längst nicht nur Kommunikationsmedium, sondern handfesteInfrastruktur ist, hat sich die digitale Kriegsführung zu einer Gefahrentwickelt, die ganze Volkswirtschaften bedrohen kann. Google schützt sein GeschäftsmodellAndererseitsschützt Google mit seiner diplomatischen Schärfe gegenüber China sein eigenesGeschäftsmodell. Geld verdient Google nämlich vor allem damit, dass es dieInformationen seiner Nutzer so verarbeitet, dass Werbung und Industrie mitHilfe dieser Informationen zielgenau an potentielle Kunden herantreten können. Dieses"Data Mining", also der "Datenbergbau", soll noch erheblicherweitert werden. Bald soll die Industrie nicht nur gezielte Werbung schalten,sondern die Daten auch für Marktforschung und Produktentwicklung nutzen können.Googles Bemühungen, nach den Konsumentenprofilen auch genetische Informationenaus den DNS-Analysen für Endverbraucher zu sammeln, soll in einigen Jahren gardie Medizin und Pharmaindustrie revolutionieren. Umsolche, teils aus dem privatesten Bereich der Nutzer stammende Datenmengen zusammeln, muss Google einen Balanceakt vollführen. Einerseits geht dies nichtohne das Vertrauen der Nutzer, dass der Konzern mit den Informationen keinenMissbrauch betreibt. Andererseitsist Google aber auf eine größtmögliche Offenheit des Netzes angewiesen, umdiese Daten zu generieren. Seine Bereitschaft, die Suchmaschine in China miteinem "Zensurfilter" der Regierung zu beschränken, hatte dasVertrauen in Google seit 2006 nachhaltig erschüttert.
Wohin wird sich Googles politische Machtentwickeln?
14.01.2010, 10:28 Seite 2 von 2 Indem er nun aber China die Stirn bieten will, geriertsich der Konzern als Vorkämpfer für die Meinungsfreiheit. Selbst die ElectronicFrontier Foundation (EFF), die seit den Frühzeiten des Internets gegen Zensurund Einflussnahme kämpft, schrieb auf ihrer Webseite: "Bravo Google!" Als Google seine gefilterte Suchmaschine in Chinastartete, gehörte EFF zu den ersten Kritikern. Nun wollte die Organisation eineder ersten sein, die Google für seine "mutige und unverblümte Ankündigungloben, nur noch eine unzensierte chinesische Ausgabe ihrer Suchmaschineanzubieten". China ist auch nicht das einzige Land, in dem Google fürdie Freiheit des Internets kämpft. In ihrer amerikanischen Heimat gehört dieFirma zu den Vorreitern der "Netzneutralität", die das Netz alsunregulierte, öffentliche Einrichtung erhalten soll - ebenfalls unabdingbar fürGoogles Geschäfte. Man sollte dem Suchmaschinenkonzern diese eigennützigenMotive nicht vorwerfen. Schutz vor Repressionen und Meinungsfreiheit sind fürGoogle keine hehren Werte, sondern Geschäftgrundlage. Genauso wie Demokratie, Freiheit und Wohlstand schonimmer Voraussetzung für die freie Marktwirtschaft waren. Deswegen lag es auchoft im Interesse internationaler Konzerne, repressive Regimes und Diktatoren zustürzen. Weniger um Völker zu befreien, als um Märkte zu öffnen. Konzerne in der No-go-Area der Geopolitik Google vollzieht mit seinem Vorstoß in die Außenpolitikletztlich einen Schritt, den konservative Politiker undNichtregierungsorganisationen seit langem fordern. Weil Macht und Einfluss vonnationalen Regierungen in der globalisierten Welt oft nicht mehr greifen, solldie Wirtschaft in den No-go-Areas der Geopolitik richten, was die Politik nichtmehr schafft. Diese Forderung wird immer lauter, auch weil mit denBric-Staaten, also Brasilien, Russland, Indien und China, vierwirtschaftskräftige Mächte die geopolitische Bühne betreten haben, für die dieEinhaltung von Menschenrechten keine Grundvoraussetzung ist, um beispielsweiseFinanz- oder Entwicklungshilfe zu leisten. In Krisengebieten wie Darfur oder Sri Lanka ziehen diewirtschaftlichen Druckmittel des Westens nicht mehr, weil es Geld aus Chinaohne die Bürde menschenrechtlicher Auflagen gibt. Ein Weltkonzern hat da oftmehr Macht und Spielraum, um schwierige Regierungen zum Einlenken zu bringen. Die US-Regierung unterstützt Google aktiv in derKonfrontation mit China. Wohin aber wird sich die politische Macht des Konzernsentwickeln? Wird Google ein Indikator für Freiheit und Wohlstand, wie Coca Colaund McDonald's? Oder ein sinistrer Global Player wie einst die United FruitCompany, zu deren Gunsten die CIA zentralamerikanische Staatsstreiche lancierte?
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