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【原文标题】Ohne Zukunft in China
【原文链接】http://www.zeit.de/online/2009/28/ohne-zukunft-in-china
【时间或作者】Benedikt Voigt, 9.7.2009 - 16:41 Uhr
【正文】
Uiguren
Ohne Zukunft in China
Von Benedikt Voigt | © ZEIT ONLINE, Tagesspiegel 9.7.2009 - 16:41 Uhr
156 Menschen starben bislang bei den Unruhen in der Stadt Ürumqi. Die Uiguren begehren gegen ihre Unterdrücker auf – China wird so nicht mehr lange bestehen
Ein alter Mann sitzt vor dem geschlossenen Bazar von Ürümqi. Dort lieferten sich Uiguren und Han-Chinesen Straßenschlachten
© Peter Parks/AFP/Getty Images
Schon bei den Olympischen Spielen in Peking hat es nicht geklappt.Bei der Eröffnungsfeier sollten 56 kostümierte Kinder als Fahnenträgerdie Einheit der 56 ethnischen Gruppen Chinas symbolisieren.Anschließend stellte sich heraus, dass die Kinder gar nicht aus deneinzelnen Volksgruppen stammten, sondern allesamt Han-Chinesen waren,die mit 92 Prozent dominierende Volksgruppe Chinas. Die harmonischeGesellschaft, die Peking unter Staatschef Hu Jintao als politischesZiel propagiert, ist offenbar nur ein Schauspiel für die Welt.
Das beweisen nun auch die Unruhen in Ürumqi. Ausschreitungenzwischen den muslimischen Uiguren und den atheistischen Han-Chinesenhaben mindestens 156 Tote gefordert, Exiluiguren sprechen sogar von biszu 800 Toten. Am Mittwoch hielten die Auseinandersetzungen an. Soschwerwiegend sind die Spannungen in der nordwestchinesischen ProvinzXinjiang, dass Staatschef Hu Jintao sogar seine Teilnahme am G-8-Gipfelin Italien abgesagt hat.
Er weiß, dass diese Probleme nicht nur eine einzelne Provinzbedrohen. Vielmehr wäre die Einheit Chinas gefährdet, wenn sich dieUnruhen in anderen Provinzen fortsetzen sollten. Nur so erklären sichdie harten Maßnahmen, die China auch schon 2008 nach den Unruhen inTibet ergriff: Riesige Polizei- und Militäraufmärsche,Massenverhaftungen, intransparente Gerichtsprozesse. Auch diesmal zeigtdas staatlich kontrollierte chinesische Fernsehen nur Han-chinesischeOpfer der Ausschreitungen. Von uigurischen Toten, von ihrerVerzweiflung ob religiöser, kultureller und wirtschaftlicherDiskrimierung, vom massenhaften Zuzug der Han-Chinesen in ihre Heimatist keine Rede.
Das könnte sich rächen: Chinas kolonialistisch anmutende Minderheitenpolitik radikalisiert beide Seiten. Einerseits die Uiguren,die sich zu Recht unterdrückt fühlen und keine Zukunft für ihr Volkmehr in China sehen. Sie könnten künftig auf noch gewaltsamerem,vielleicht sogar terroristischem Wege ein separates Ostturkistananstreben. Andererseits die Han-Chinesen, die wiederum den Unmut derUiguren nicht verstehen und sie als Bedrohung für die Einheit Chinassehen. Dass auch ihre Regierung eine Mitschuld an den Ereignissenträgt, sehen sie nicht.
Die Spannungen machen China instabiler. Richtig gefährlich fürChinas Machthaber wird es, wenn künftig auch noch eine wachsendeUnzufriedenheit in der chinesischen Bevölkerung dazukommt. Nach demWegfall der kommunistischen Ideologie gründet sich die Idee derAlleinherrschaft der kommunistischen Partei auf wirtschaftlicher Stärkeund wachsendem Nationalismus. Nur eine starke Partei kann das riesigeReich zusammenhalten, heißt es in China. Der Zuspruch der Bevölkerungdafür ist zurzeit groß – solange es wirtschaftlich aufwärts geht.Zuletzt aber schrumpfte das Wachstum auf den niedrigsten Wert seit1990. 20 Millionen Wanderarbeiter sind nach Hause zurückgekehrt, weilsie in der Wirtschaftskrise keine Arbeit mehr finden. Jährlich rund 80000 Massenvorfälle – so nennt die chinesische Regierung Demonstrationen– zeugen von wachsender Unzufriedenheit. Und auch die wirtschaftlichenUnterschiede, Stadtbewohner verdienen mehr als dreimal so viel wieLandbewohner, bergen Spannungen.
Die Unruhen in Xinjiang zeigen daher, dass die Volksrepublik Chinaim 60. Jahr ihres Bestehens vor einer schwierigen Zukunft steht.Weitere 60 Jahre wird sie in dieser Form wohl nicht mehr schaffen.
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