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[经济] 【2010.7.17 法兰克福汇报】Tibet: Peking setzt auf wirtschaftliche Entwicklung

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发表于 2010-7-17 17:16 | 显示全部楼层 |阅读模式
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Die Bilder der aufgebrachten Mönche aus Lhasa sind unvergessen. Doch jetzt herrscht Ruhe in den Straßen der Stadt, Militär und Polizei sind allgegenwärtig. Die chinesische Regierung fürchtet sich vor neuen Unruhen, aber sie versucht auch, die Tibeter für sich zu gewinnen.

Von Till Fähnders, Lhasa

17. Juli 2010

Der Mönch Norgye senkt verschämt den Kopf, als sich ihm die Mikrofone und Aufnahmegeräte entgegenstrecken. Einer der Kameramänner zoomt auf seine zitternden Hände. Vor zwei Jahren hat der Tibeter schon einmal einen Besuch ausländischer Journalisten erlebt.

Es war Ende März und gerade hatten sich die Unruhen von Lhasa wie ein Buschfeuer in andere tibetische Gebiete ausgebreitet. Die Reporter aus dem Ausland waren in den Jokhang-Tempel gelotst worden, das wichtigste Heiligtum der tibetischen Buddhisten in Lhasa. Sie sollten sehen, wie linientreu die Mönche dort waren. Doch das Geschehen geriet außer Kontrolle.

Etwa 30 Mönche nutzten den Besuch für einen Protest, darunter angeblich auch der heute 29 Jahre alte Norgye. „Tibet ist nicht frei“, klagten die Tibeter. Einer von ihnen brach sogar vor laufenden Kameras in Tränen aus. Es war einer der seltenen Momente, in denen die Verzweiflung der Tibeter offen und für die ganze Welt sichtbar zutage getreten war.

„Patriotische Umerziehung“ bringt Einsicht

In diesem Frühsommer hat die Regierung in Peking nun wieder eine der seltenen und von den Behörden stets streng kontrollierten Reisen ausländischer Journalisten nach Tibet veranlasst. Diesmal läuft alles mehr oder weniger so, wie sie es sich wohl vorgestellt haben in Peking. Den Mönch Norgye führt die Tempelverwaltung als geläuterten Unruhestifter vor. Seine Worte werden von einer Mitarbeiterin der Regierung aus dem Tibetischen übersetzt.

„Nach dem Vorfall habe ich gemerkt, dass es falsch war, was wir getan haben“, sagt Norgye. Er sei danach aber nicht gefoltert oder geschlagen worden, versichert der Mönch. Es herrsche religiöse Freiheit in Tibet, sagt er weiter. Was der Mönch nicht sagt, ist, wie viele Stunden „patriotischer Umerziehung“ nötig waren, um ihn zu diesen Einsichten zu bringen.

Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche

Die scheinbare Wandlung des Norgye zeigt, wie die Behörden Tibet seit Ende der Unruhen im Griff haben. Hier wie auch anderswo wendet die Regierung das Prinzip von Zuckerbrot und Peitsche an. Sie weitet die militärische und polizeiliche Kontrolle aus und fördert gleichzeitig die wirtschaftliche Entwicklung in Tibet.

Auf den Straßen außerhalb der Stadt sind mehrere große Militärkonvois zu sehen. Den Journalisten in ihren zwei Reisebussen kommen Hunderte olivgrüne Laster entgegen. Auf ihnen könnte alles geladen sein, Lebensmittel oder Versorgungsgüter für die Soldaten, aber vielleicht auch Munition oder neue Truppen. Erkennen kann man durch die Planen der Lastwagen jedenfalls nichts. Die Wagen haben entweder gar keine Autokennzeichen oder solche aus den angrenzenden Provinzen Sichuan und Gansu.

Viele Mönche und tibetische Intellektuelle verhaftet

Das Militär und die paramilitärische Polizei sollen verhindern, dass die Tibeter noch einmal versuchen, sich gegen die als Fremdherrschaft empfundene Machtausübung Pekings in Tibet aufzulehnen. Parallel zum Sicherheitsaufgebot geht die Staatsmacht in Tibet auch weiter streng gegen Kritiker vor. Viele Mönche und tibetische Intellektuelle sind verhaftet worden. Vor kurzem wurde der tibetische Umweltaktivist Karma Samdrup zu 15 Jahren Haft verurteilt, einer seiner Brüder zu fünf Jahren. Zuvor soll der Tibeter gefoltert worden sein. Die Klöster werden streng überwacht, in manchen von ihnen lebt nur noch ein Bruchteil der Mönche und Nonnen, die früher dort den Buddhismus studierten. Viele wurden nach Hause geschickt oder sind freiwillig in ihre tibetischen Heimatorte zurückgegangen, heißt es.

In Lhasas Innenstadt sind die Sicherheitskräfte sehr präsent. Am Abend, als die buddhistischen Pilger ihre andächtigen Runden um den Jokhang-Tempel drehen, tun sie das unter den wachen Augen der Staatsmacht. Vor dem Jokhang-Tempel in Lhasa werfen sich die Pilger auf den Boden. Einige haben sich Holzbretter unter die Hände geschnallt. Das Schabgeräusch des Holzes vermischt sich mit dem abgewandten Gemurmel der Tibeter, die in ihre Gebete vertieft sind.

„Sicherheitsmaßnahmen nötig, um die Stabilität zu wahren“

Am Tempel haben sich Mönche mit Strohhüten, dunkelhäutige Hirten in Felljacken und zahnlose Alte mit Gebetsmühlen in den Händen versammelt. Im Uhrzeigersinn schreiten sie um den Tempel herum, an beleuchteten Geschäften mit tibetischem Handwerk und Souvenirständen vorbei. Die Uniformierten marschieren ihnen in kleinen Trupps von etwa sechs Mann entgegen. An einigen Kreuzungen haben sie sich unter Pavillonzelten auf Plastikstühlen niedergelassen. Am Eingang zum tibetischen Barkhor-Viertel stehen fünf Soldaten unter Sonnenschirmen, mit Maschinenpistolen bewaffnet.

Die Sicherheitsmaßnahmen seien nötig, um die Stabilität in Tibet zu wahren, sagt der stellvertretende Gouverneur der Autonomen Region Tibet, der Han-Chinese Hao Peng. Tibet sei heute stabiler als vor den Unruhen, sagt er. Der Vizegouverneur hat zum Interview in die Gebäude der Regionalregierung eingeladen. Über seinem Sessel hängt ein gold- und kupferfarben glänzendes Bild des Potala-Palastes, der einst als Residenz des Dalai Lamas diente. Auf Polsterstühlen sitzen einige Regierungsvertreter den Reportern gegenüber. Es gebe die Möglichkeit, dass „die Dalai-Clique“ und andere anti-chinesische Kräfte in Tibet neue Probleme bringen, warnt Hao Peng.

Wie die Regierung in Peking macht er den gerade 75 Jahre alt gewordenen Exiltibeter für die Unruhen in Tibet verantwortlich. „Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir die Fähigkeiten und das Vertrauen haben, Tibet für immer zu einer stabilen Region zu machen“, sagt Hao Peng.

Peking setzt auf wirtschaftliche Entwicklung

Der Vizegouverneur hat die Tibet-Politik der Regierung offenbar verinnerlicht. Noch mehr als zuvor setzt Peking jetzt auf wirtschaftliche Entwicklung. Die Regierung will damit alle Probleme der Region lösen, inklusive der politischen, sozialen, kulturellen und religiösen Konflikte. Sie sieht die Verbesserung der materiellen Lebensverhältnisse als Schlüssel für Entwicklung und Stabilität in Tibet. Im Januar hatte die politische Führung deshalb bei der 5. Tibet-Arbeitskonferenz in Peking Maßnahmen beschlossen, mit deren Hilfe auch die tibetischen Hirten und Bauern bessergestellt werden sollen.

Nach und nach gibt die Regierung nun sogar zu, dass es Ungleichheiten zwischen Tibetern und der Mehrheit der Han-Chinesen gibt. „Die Regierung der Autonomen Region Tibet hat das Problem erkannt, dass Tibeter in manchen Industrien mit starkem Wettbewerb weniger wettbewerbsfähig sind“, sagt Hao Peng. Es gebe ein Ungleichgewicht bei der Verteilung der Ressourcen. „Wir versuchen unser Bestes, das Problem zu lösen“, sagt Hao Peng.

Tibetische Arbeiter, Han-Chinesin als Direktorin

Außerhalb Lhasas präsentieren die Regierungsvertreter eine Fabrik, die womöglich als Beispiel für kommende Entwicklungen dienen soll. Sie liegt mehr als 4600 Meter über dem Meeresspiegel. Sie wurde mit Hilfe staatlicher Anreize von einem Hongkonger Unternehmen aufgebaut. Unter dem tiefblauen tibetischen Himmel erstrecken sich weiße Fabrikhallen mit blauen Dächern. Dort stehen Menschen aus den umliegenden Dörfern an den Maschinen. Es wird Mineralwasser in Flaschen abgefüllt, geprüft und verpackt. Es sollen 150 Mitarbeiter beschäftigt sein, mit einem für die Verhältnisse ziemlich stattlichen Gehalt von 2500 bis 7000 Yuan im Monat (etwa 300 bis 840 Euro). Zu 95 Prozent sind es Tibeter, sagt der Vizedirektor Sonam Tsering. Allerdings ist auch hier die Direktorin eine Han-Chinesin, so wie in den meisten Unternehmen in Tibet.

Die Regierung lobt denn auch ihre „Entwicklungsstrategie für den Westen“, die sie vor zehn Jahren ins Leben gerufen und die für Tibet große Veränderungen gebracht habe. Die Einkommen der tibetischen Bauern seien von damals 1200 Yuan (etwa 144 Euro) im Jahr auf 3553 Yuan (etwa 426 Euro) gestiegen, sagt der Vizegouverneur Hao Peng. Insgesamt seien 280 Milliarden Yuan (33 Milliarden Euro) investiert worden, davon 110 Milliarden Yuan (13 Milliarden Euro) in die Infrastruktur. In Tibet hat die Regierung Autobahnen und Eisenbahnstrecken gebaut, Stromleitungen gespannt und Mobilfunkanlagen aufgestellt. Diese Anstrengungen beim Aufbau der Infrastruktur sind in Tibet unübersehbar.

Viel Kritik aus dem Ausland

Im Ausland wird jedoch viel Kritik an dem Programm geübt, die heimlich wohl auch von vielen Tibetern geteilt wird. Es heißt, dass das starke wirtschaftliche Wachstum in Tibet zu einer Verschärfung der sozialen Ungleichheit geführt habe. Die Nutznießer seien vor allem han-chinesische Wanderarbeiter und Unternehmen. Chinas Entwicklungspolitik in Tibet vernachlässige den ländlichen Raum, sagt zudem die International Campaign für Tibet Deutschland. „Weiche“ Faktoren wie Bildung und Gesundheit würden trotz gegenteiliger Angaben der Behörden zu wenig beachtet. Es fehlten Anreize für Tibeter, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die Bevölkerung werde außerdem zur Entwicklungspolitik weder befragt noch in die Planungen einbezogen.

Besondere Sorgen bereitet den Tibet-Aktivisten schon seit Jahren die Migration der han-chinesischen Siedler aus dem Osten des Landes. Die Regionalhauptstadt Lhasa sieht mittlerweile aus wie eine durchschnittliche chinesische Stadt. Die Geschäftsschilder am Straßenrand sind mit chinesischen Schriftzeichen bedruckt, wenn überhaupt gibt es nur einen kleingedruckten tibetischen Schriftzug über den chinesischen Zeichen.

Viele tibetische Eigenheiten verschwunden

Auch aus der Stadt Shigatse sind viele tibetische Eigenheiten verschwunden. Viele Arbeiten werden mittlerweile von den Migranten erledigt. Auf den Baustellen schuften han-chinesische Arbeiter aus den Nachbarprovinzen. Selbst die kleinen Geschäfte am Straßenrand werden von Siedlern aus Sichuan, Gansu oder Qinghai geführt. „Ich bin vor fünf Jahren gekommen“, sagt eine Han-Chinesin aus der Provinz Qinghai, die in Shigatse einen Kiosk betreibt. „Bei uns kann man nicht so viel verdienen.“

Das Symbol für den Siedlerstrom aus dem Osten ist die Tibet-Bahn, mit der täglich viele Touristen, aber auch Arbeitssuchende und Siedler aus dem Osten nach Lhasa kommen. Die Journalistengruppe ist bei der Einfahrt eines Zuges aus Lanzhou, Provinz Gansu, dabei und darf ein paar Passagiere befragen. Ein Angehöriger der Hui-Minderheit will in Lhasa Geschäfte machen. Ein Passagier aus Qinghai sucht in Lhasa einen Job, ein Paar aus Sichuan will sich „mal umsehen“. Es sind viele Migranten, die eintreffen, aber wie viele ist schwer zu sagen. Die offizielle Zahl der Migranten, die jährlich in Lhasa eintreffen, wird wie ein Geheimnis behandelt. Der Vizegouverneur Hao Peng sagt, die Firmen und Unternehmen aus dem Rest Chinas seien „teilweise unverzichtbar für die Entwicklung und den Aufbau Tibets“.

Sesshaftmachung der tibetischen Nomaden

Ähnlich umstritten wie der Zustrom der Siedler ist der Versuch der Regierung, immer mehr tibetische Nomaden sesshaft zu machen. Bis Ende 2009 sei ein Teil der Nomaden in insgesamt 56.000 Haushalten angesiedelt worden, sagt Hao Peng. Die Regierung glaubt, dass die Sesshaftmachung den Nomaden Vorteile bringe. Doch gibt es Befürchtungen, dass sie vor allem ihrer Lebensgrundlage beraubt und von staatlichen Hilfen abhängig werden. Augenscheinlich leben viele Hirten und ihre Familien immer noch in sehr armen Verhältnissen. Einige von ihnen haben ihre Schafe, Ziegen oder Yaks auf das Grasland in der Nähe des Namtso-Sees geführt. Der See liegt wie ein leuchtendes blaues Band vorm Horizont.

Ein 24 Jahre alter Hirte zeigt das Innere seines Zelts, das er in der Nähe aufgebaut hat. Darin liegen ein paar Säcke als Schlafstelle, daneben steht ein einfacher Ofen. Vor den Zelten der Hirten parken ein paar chinesische Motorräder. Die Kinder der Hirten betteln jeden an, der vorbeikommt. „Money, money“, gurren sie den ausländischen Journalisten zu.

Ein Projekt, das die Regionalregierung besonders stolz präsentiert, ist das Dorf Gaba außerhalb von Lhasa. Dort wurden die früheren tibetischen Bauern mit staatlicher Hilfe umgesiedelt und in neue Häuser gesteckt. Es sind saubere, geschmückte Steinhäuser, mit Blumen und Wasserkochern mit Solarbetrieb im Hof. „Im alten Dorf mussten sich sieben Familien eine Wasserstelle teilen. Heute haben wir in jedem Haus fließendes Wasser“, berichtet eine Tibeterin. Die Bauern verpachten ihr Ackerland heute an Han-Chinesen. Angeblich verdienen einige von ihnen jetzt auf den Baustellen in der Stadt gutes Geld. Doch es lässt sich nicht überprüfen, ob Gaba nicht nur eine Kulisse, eine Art potemkinsches Dorf ist, das die örtliche Regierung für die Journalisten und andere Besucher aufgebaut und subventioniert hat. „Es ist alles sehr perfekt“, sagt ein britischer Kameramann. Es klingt ziemlich misstrauisch.
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