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http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,715960,00.html
Brasilien, Russland, Indien, China: Die Wirtschaft in den BRIC-Staaten boomt. Davon konnten auch deutsche Anleger profitieren, schließlich waren die Aktienmärkte in den Schwellenländern zuletzt dynamischer als hierzulande. Experten warnen aber auch vor Risiken - und nennen Alternativen.
Hamburg - An den Börsen weltweit herrscht Krisenstimmung: Kaum ein Tag vergeht ohne beunruhigende Wirtschaftsdaten aus den USA. Das Wachstum ist schwach, Präsident Barack Obama plant schon ein neues Konjunkturpaket. Droht den USA gar ein Double-Dip, das erneute Abgleiten in die Rezession? Analysten erörtern dieses Szenario tatsächlich.
Wie aus einer anderen Welt erscheinen da die Wachstumsraten, die aufstrebende Wirtschaftsnationen aufweisen: Chinas Bruttoinlandsprodukt legte im ersten Halbjahr erneut um zehn Prozent zu, in Indien waren es acht Prozent und in Brasilien fünf. Selbst die russische Konjunktur, vor einem Jahrzehnt noch geplagt von der schweren Rubelkrise, soll 2010 mit einem Plus von rund vier Prozent deutlich stärker anziehen als beispielsweise die deutsche.
Mit ihren hohen Wachstumsraten treiben Brasilien, Russland, Indien und China - die sogenannten BRIC-Staaten - die gesamte Weltwirtschaft an. Dabei funktioniert die Ökonomie der vier Nationen ganz unterschiedlich: Brasilien gilt als "Rohstofflager der Welt", Russland wird dank seiner reichhaltigen Ölvorkommen als "Tanksäule der Welt" bezeichnet, die "globale Denkfabrik" Indien ist bekannt für ihre boomende IT-Branche, und China mit seiner industriellen Fertigung hat den Ruf als "Werkbank der Welt".
Von diesem Potential konnten Anleger extrem profitieren. Der Index der chinesischen Festlandbörsen (Shanghai-A-Index) hat sich im vergangenen Jahrzehnt glatt verdoppelt, der indische Sensex legte um stolze 200 Prozent zu. Der brasilianische Bovespa bescherte Investoren sogar mehr als 300 Prozent Zuwachs. Getoppt wurde die Hausse am Zuckerhut nur vom russischen RTS-Index, der im Verlauf der Dekade mehr als 1000 Prozent gewann.
Mumbai Top, Shanghai Flop
Seit Jahresanfang geht die Entwicklung allerdings auseinander. Nur die indische Börse befindet sich mit einem Plus von drei Prozent seit Januar im grünen Bereich. "Durch Indien ist ein Ruck gegangen", erklärt Gerd Bennewirtz, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung SJB. "Mitten in der Weltwirtschaftskrise entfaltet das Land eine Dynamik nach chinesischem Vorbild." Die Rezepte seien ähnlich: Gezielte Konjunkturprogramme kurbelten die Binnenwirtschaft an. "Die Exporte gaben in der Krise zwar nach", sagt Bennewirtz. "Dafür zog aber die Nachfrage nach Konsumgütern und Autos an." Exemplarisch für den indischen Aufschwung steht das Autounternehmen Tata Motors - zuletzt hat es sogar die britischen Marken Jaguar und Rover übernommen.
Ganz anders der große asiatische Rivale: Obwohl die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal um 10,3 Prozent gewachsen ist und damit Japan nach mehr als 40 Jahren vom zweiten Platz der weltgrößten Ökonomien verdrängt hat, ist der Leitindex der Festlandbörsen tief gefallen - rund 20 Prozent rutschte der Shanghai-A-Index seit Januar ab. "Anleger fürchten, dass Regierung und Zentralbank das Wachstum zu stark abbremsen könnten", erklärt Ulrich Stephan, Global Chief Investment Officer bei der Deutschen Bank im Bereich Privat- und Geschäftskunden. Als Beispiel nennt er den Immobilienmarkt, in den die Pekinger Regierung mit administrativen Maßnahmen eingegriffen hat. Die KP-Funktionäre wollen so die Bildung einer Blase verhindern.
Vor allem jedoch ist die chinesische Wirtschaft sehr einseitig ausgerichtet. "Der Binnenmarkt trägt nicht in der Weise zur Wertschöpfung bei, wie sich das die Regierung vorgestellt hat", sagt Stephan. "Die Wirtschaft wächst immer noch über den Export."
Schwache US-Wirtschaft schadet auch Brasilien
Auf schwierigere Zeiten scheinen sich die Anleger auch an den beiden rohstofflastigen BRIC-Börsen einzustellen: Die Aktienmärkte in São Paulo und Moskau sind in den vergangenen Wochen ins Minus gerutscht - der russische RTS um zwei Prozent, der brasilianische Bovespa um acht Prozent. "Die Aktienmärkte Südamerikas hängen traditionell stärker an den USA als die Märkte Asiens", erklärt Stephan den jüngsten Abschwung.
Langfristig bleibt der Deutsch-Banker aber optimistisch: "Brasilien verfügt über große Rohstoffvorkommen und einen starken Binnenmarkt." Außerdem gebe es beeindruckende industrielle Leistungen. "In Brasilien hat einer der größten Flugzeughersteller der Welt seinen Sitz", sagt Stephan. Tatsächlich ist das Unternehmen Embraer weltweit die Nummer drei nach Boeing und Airbus.
Das herausragende Unternehmen Russlands ist dagegen der Energie-Multi Gazprom . "Russlands Fluch und Segen sind Öl und Gas", erklärt Vermögensverwalter Gerd Bennewirtz. "Sicher gibt es Schlimmeres, als auf rund 47,6 Billionen Kubikmetern Erdgas zu sitzen. Aber es macht die Russen extrem anfällig für die Schwankungen der Weltwirtschaft." Der Grund ist klar: Mit jedem Absacken der Konjunktur fällt auch die Nachfrage nach Öl und Gas.
Das mussten Besitzer russischer Aktien auch in der Finanzkrise erleben. Zeitweise fiel der Moskauer Leitindex RTS um unglaubliche 80 Prozent; immerhin hat er mittlerweile um fast 200 Prozent zugelegt. Auf dem aktuellen Kursniveau ist der RTS aber immer noch mehr als 40 Prozent von den Höchstständen des Jahres 2007 entfernt.
"Der Osten setzt dem Westen die Maßstäbe "
Extrem volatil geht es auch bei den russischen Nachbarn zu. Die vor 19 Jahren von der Sowjetunion abgespaltene Ukraine konnte sich nach ebenfalls dramatischen Einbrüchen in der Finanzkrise in diesem Jahr prächtig erholen. Das Plus der Leitbörse: 41 Prozent seit Januar. Im weltweiten Vergleich steht nur noch Sri Lanka mit 66 Prozent besser da.
Der Spitzenplatz der Exoten-Börse des Inselstaates kommt nicht von ungefähr. Denn Sri Lanka reiht sich ein in eine ganze Reihe kleinerer Finanzplätze, die lange Zeit im Schatten des China-Booms standen, nun aber zur eigentlichen Investmentstory der Schwellenländer werden. "Im bisherigen Verlauf 2010 haben wir ein Comeback der Tigerstaaten gesehen", erklärt SJB-Geschäftsführer Gerd Bennewirtz. "Unter den zehn Emerging- und Frontiermärkten mit der besten Wertentwicklung im laufenden Jahr sind fünf südostasiatische Staaten. In Sri Lanka, Bangladesch, Thailand, Indonesien und Malaysia haben die entsprechenden Indizes über ein Jahr rund sieben bis rund 100 Prozent zugelegt."
Für Bennewirtz ist die Entwicklung nur logisch: "Die Emerging Markets in Asien sind bislang am besten mit der weltweiten Finanzkrise umgegangen. Sie haben aus den Lehren der Asienkrise 1997 Konsequenzen gezogen." Nun werde diszipliniert auf langfristiges Handeln Wert gelegt. "In dieser Hinsicht setzt der Osten dem Westen die Maßstäbe." |
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