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Der Proteststurm in Ägypten bereitet Peking Sorgen: Mikroblogger werden so weit wie möglich an der Debatte über das Thema gehindert.
Die Volkserhebung gegen Ägyptens Präsident Husni Mubarak, zu der sich die Demonstranten online verabredeten, macht Pekings Führung nervös. Sie befürchtet virtuelle Ansteckung und bemüht sich um Abwehr. Twitterähnliche Mikro-Blog-Dienste wie etwa „t.sina.com.“ oder „t.sohu.com“ blockieren seit dem Wochenende die Suche nach dem Wort „Ai-Ji“ („Ägypten). Statt der erhofften Seite taucht eine Warnung auf: „Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen und der Internet-Politik werden keine Ergebnisse angezeigt.“
Am Montag wurde nun auch „Mu-Ba-La-Ke“ (Mubarak) zum Tabuwort. Ägyptens Präsident gilt als einer der ganz alten Freunde Chinas. In den vergangenen 35 Jahren besuchte er achtmal Peking, zum ersten Mal im April 1976. Als damaliger Vize-Staatspräsident war Mubarak einer der letzten Besucher, der den schon todkranken Mao Tse-tung treffen durfte.
Geschätzte 75 Millionen Chinesen betätigen sich Mikroblogger – unter ihnen viele findige Zeitgenossen, die die Zensur austricksen. So geben sie das Wort „Ägypten“ statt mit Schriftzeichen in alphabetischer Umschrift ein. Oder sie schreiben „Land der Pharaonen“, „der Mumien“, „der Sphinx“. Dann haben sie freies Feld für Einträge wie: „Wieder mal sehen wir Panzer auf der Straße fahren und bangen, wie es ausgeht.“ Und: „Noch einer auf der Pekinger Liste der alten Freunde. Galt das nicht auch für Ceausescu oder Saddam Hussein. Gilt das nicht noch für Fidel Castro oder Kim Jong-Il. Wessen Freunde sind das eigentlich?“
Es war wohl kein Zufall, dass das Parteiorgan Volkszeitung am Sonntag in einem Kommentar warnte: Manipulatoren machten aus Mikroblogs und Online-Postings „bösartige Viren, die die öffentliche Meinung befallen sollen “.Die traditionellen Medien müssten auf der Hut sein.
Peking schreibt Internetportalen und Zeitungen vor, ihre Nachrichten über Ägypten von der amtlichen Agentur Xinhua zu übernehmen und nicht zu kommentieren. Ausnahmen wie die englischsprachige Zeitung „Global Times“ rücken vor allem die Sorge vor Plünderungen und Chaos in den Vordergrund ihrer Berichte. Ihre Kommentare machen Kulturwidersprüche für die Unruhen verantwortlich, nicht aber die Opposition gegen diktatorische Herrschaftsformen.
Peking hatte die Presse schon früher an die Leine genommen, etwa als es zu den „farbigen Revolutionen“ in den GUS-Republiken oder zum Aufruhr in Iran nach den umstrittenen Wahlen kam. Bei letzteren wurden soziale Netzwerke erstmals ein Organisationsmittel der Opposition.
Zwei Chartermaschinen von Air China und Air Hainan flogen am Montag zur Evakuierung von mehr als 500 auf dem Flughafen Kairo gestrandeten chinesischen Touristen los. Hunderte weitere Reisende sind in Ägypten unterwegs. Zum Frühlingsfest ist Ägypten ein beliebtes Urlaubsziel für chinesische Gruppenreisen.
Reisebüros in Peking und Shanghai stornierten Flüge, nachdem Pekings Außenministerium am Wochenende hintereinander drei Reisewarnungen aussprach. Außenamtssprecher Hong Lei nannte Ägypten „ein mit China befreundetes Land.“ Man hoffe, „dass es frühzeitig seine soziale Stabilität und normale Ordnung wiederherstellen kann.” |
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