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[政治] 【zeit online】Wir Kinder Europas

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发表于 2009-6-9 21:31 | 显示全部楼层 |阅读模式
本帖最后由 magicboy 于 2009-6-11 03:12 编辑

Wir Kinder Europas
http://www.zeit.de/2009/24/01-Europa


Von Alice Bota | ©                        DIE ZEIT, 04.06.2009 Nr. 24


Viele halten die Wahl zum Europäischen Parlament für bedeutungslos. Aber selten war unsere Stimme wichtiger als dieses Mal

Das Interesse der Bürger ist gering, die Bedeutung aber groß: Ein Arbeiter stellt in Berlin ein Plakat zur Europawahl auf


So wurde im real existierenden Sozialismus gewählt: Kreuz gemacht,Partei gewählt und doch nichts an der Regierung geändert. Warum alsosollen wir bei dieser Europawahl mitmachen, bei der man nicht weiß, wenman wählen müsste, um die Aufnahme Kroatiens in die EU zu verhindernoder die Glühbirne zu retten?

Weil es bei dieser Wahl nicht zuerst um konkrete Politik geht; nichtdarum, wie hoch die CO₂-Werte sein dürfen oder wie präzise Fleischgekennzeichnet sein muss. Diese Wahl ist eine Solidaritätsbekundung andie europäische Idee, die, das darf man annehmen, heute so festverankert ist wie niemals zuvor – dafür sprechen die hohenZustimmungswerte, vor allem in den neuen EU-Mitgliedstaaten. DieMehrheit will, dass grundlegende Bereiche des Zusammenlebenseinheitlich geregelt werden. Und die jüngere, aufstrebende Generationschert sich längst nicht mehr um die nationalen Grenzen, sie macht mitfrappierender Selbstverständlichkeit Karriere im Ausland, reist vonUngarn nach Portugal, bezahlt in europäischer Währung und antwortet aufdie Frage, als was man sich denn verstehe: als Europäer natürlich!
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Täglich lebt und atmet diese Generation die Werte, Ideen und dieFreizügigkeit Europas. Sie begegnet der Europäischen Union mitSympathie – nur eben ihren Institutionen nicht, weshalb die Beteiligungbei der Europawahl in den vergangenen Jahren ernüchternd niedrig war.

Doch dieses Mal geht es um mehr als bloß eine Entscheidung über dieZusammensetzung des Parlaments; dieses Mal ist die Wahl ein Bekenntniszu Europa in einem Augenblick der Schwäche.

Die Europakritiker haben keine Antwort auf die Frage: Wie weiter?

Die EU erlebt gegenwärtig zwei gewaltige Erschütterungen. Zum einenwird ihr ein Maximum an Politik abverlangt, sie muss aufzusammenbrechende Finanzmärkte und Volkswirtschaften, auf Kriege undKlimakrisen reagieren. Zum anderen durchlebt sie ein Maximum anVerunsicherung: Was kann sie, was soll sie – und was will sie?

Nie zuvor hat eine andere Ordnung fast 500 Millionen MenschenWohlstand und Freiheit gebracht, kein anderes Staatenbündnis hat eineso große Anziehungskraft, dass andere unbedingt Teil dessen werdenwollen – auch um den Preis eines Teilverzichts an nationalerSouveränität. Aber China oder Russland, die Effizienz über Demokratiestellen, werden zu wichtigen globalen Spielern und konkurrieren mit derEU, weil sie schneller und rücksichtsloser handeln können. Eine hoheBeteiligung bei dieser Wahl würde im richtigen Augenblick Europa geben,was diese Staaten nicht haben und womit die EU hadert: Legitimation.





Europa hat sich selbst lange über Leistung, nicht demokratischeVerfahren definiert; solange die EU nicht in die Grund- undBürgerrechte der Menschen eingriff, funktionierte der Konsens. Nun musser neu definiert werden, doch das Gerede vom demokratischen Defizit ausden Mündern der EU-Ankläger, vom tschechischen Präsidenten Václav Klausund seinem polnischen Kollegen Lech Kaczyński, klingt verlogen – einhohles Schlagwort aus alten Tagen. Sie lehnen die Idee eines vertieftenEuropas ab, haben aber keine andere. Der Nationalstaat? Ja, wäre dieSouveränität eines Zehn-Millionen-Staates außerhalb der EU wirklichgrößer?

Jene, die über die Schwerfälligkeit und Entfremdung des europäischenSystems dozieren, die sich wie Volkshelden gebärden, haben keineAntworten auf die Frage: Wie weiter? Sie gerieren sich wie die letztenaufrechten Demokraten, weil sie sich weigern, ihre Unterschrift unterden Lissabonner Vertrag zu setzen – obwohl es ihre Parlamente soverfügt haben, obwohl dieser Vertrag die Rechte des Europaparlamentsstärkt. Sie tun so, als verteidigten sie die Freiheit, und sind dochnur Prediger des Populismus.

Dass die europäische Idee trotz allen Regulierungswahns noch immerihre Kraft aus einer großartigen Vision schöpft, zeigt eine kleineReminiszenz in dieser Woche: Am Tag, an dem die Europawahl beginnt –Großbritannien macht diesen Donnerstag den Anfang –, treffen sich dieStaatsoberhäupter der EU-Staaten in Krakau, um ein besonderes Datum zufeiern. Am 4. Juni vor 20 Jahren fanden die ersten halb freien Wahlenim dunklen Teil Europas statt. In Polen gingen die Menschen wählen undlösten damit eine Demokratisierungswelle aus, die ein sozialistischesSystem nach dem anderen wegspülte. Die Europawahl hätte es auch ohnePolen gegeben, die neuen demokratischen EU-Mitglieder aber gäbe esnicht ohne die EU.

Vor 1989 teilten die Menschen, die ins freie Europa einreisten, dasgleiche Gefühl: Angst. Wenn bewaffnete Grenzschützer die Pässeeinsammelten, füllte sich dieser Moment mit nur einer Frage: Was würdees bedeuten, wenn der Uniformierte mit dem Pass verschwände? Die Angstwar existenziell. Es war die Grunderfahrung jener Rastlosen, die in denWesten wollten, und der Grund, warum vielleicht jene im Osten nochimmer stärker überzeugt sind von der europäischen Idee als die imWesten.

Der 4. Juni, an den Polen erinnert, ist der Beginn eines Jahresvoller Feierlichkeiten, die in Tschechien, der Slowakei, Ungarn, auchin Deutschland mit Stolz begangen werden. 20 Jahre ist es her, dassdiese Angst ihr Existenzielles verlor, und zwei Jahre, dass dieGrenzschützer nicht mehr zwischen Deutschland, Polen oder Tschechienkontrollieren, sondern an den Übergängen zu Moldawien und der Ukrainestehen. Es fängt alles erst an. Wenn wir es denn wollen.
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