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【第1部分】
Wegen 1,30 Euro
Jetzt spricht die gekündigte Kassiererin Emmely
Von Oliver Haustein-Teßmer 26. Februar 2009, 18:03 Uhr
Barbara E. (50), genannt Emmely, ist Deutschlands bekannteste Kassiererin. Ihr wurde wegen 1,30 Euro fristlos gekündigt. Das Urteil dazu empfinden viele Menschen als ungerecht – sogar Politiker sind entsetzt über die Justiz. Emmely sagt WELT ONLINE, wie sie weiter für ihr Recht auf Arbeit kämpft.
Entäuscht vom Kündigungsurteil: Die Berliner Kassiererin Barbara E. (Emmely, 50) will dennoch weiter um ihr Recht kämpfen, sagte sie WELT ONLINE
Foto: DDP
Entäuscht vom Kündigungsurteil: Die Berliner Kassiererin Barbara E. (Emmely, 50) will dennoch weiter um ihr Recht kämpfen, sagte sie WELT ONLINE
Barbara E. klingt müde. „Ich bin ein bisschen abgespannt“, sagt die Berlinerin, die Freunde nur Emmely nennen. Sie ist Deutschlands bekannteste Kassiererin, obwohl sie ihren Job bei der Supermarktkette Kaiser’s längst nicht mehr hat. Ihr Arbeitgeber kündigte ihr fristlos, wegen 1,30 Euro. Sie soll zwei Pfandbons für 82 und 48 Cent unterschlagen haben, indem sie damit bei einem Einkauf im Kaiser’s-Markt bezahlte. Das Landesarbeitsgericht in Berlin gab dem Arbeitgeber vor zwei Tagen Recht.
Seitdem steht das Telefon kaum still. Emmely war bei Johannes B. Kerner. Für die 50-jährige Frau war es die erste Talkshow, die sie auf dem Podium vor Studiopublikum und nicht im Fernsehsessel erlebt hat. „Das war schon eine andere Nummer, aber aufgeregt war ich nicht, dafür ziemlich wütend“, sagt Barbara E.
Denn Emmely musste sich verteidigen gegen eine Anwältin von Kaiser’s und einen Rechtsexperten des ZDF. Beide erklärten, dass die Kündigung und das folgende Urteil nach allgemeiner Rechtsprechung korrekt waren.
【第2部分】
Barbara E. sieht das anders. Sie lebt heute im Ostteil Berlins von Hartz IV, davor hatte sie zwölf Monate lang Arbeitslosengeld bekommen. Job weg, Existenz gefährdet. Die Arbeitsagentur brachte E. dazu, in eine kleinere Wohnung umzuziehen, zu groß war die alte für Hartz IV. Als Kassiererin hatte sie immerhin rund 1700 Euro brutto im Monat verdient.
Ihr Anwalt Benedikt Hopmann nennt den Fall der Berlinerin einen Skandal. „Nach dem, was vorher im Prozess gelaufen ist, musste ich mit dem Schuldspruch zwar rechnen, aber im Stillen habe ich doch gehofft, dass die Richterin nun anders entscheidet oder zumindest die Revision zulässt“, sagt Emmely. Doch es kam anders, nun bleibt ihr nur der Gang zum Verfassungsgericht. Ihr Rechtsbeistand kündigte eine Beschwerde an und will notfalls bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen.
Emmely gibt nicht auf. „Ja, klar, ich hab’ das angefangen, und das beende ich jetzt auch.“ Sie sieht sich zu Unrecht hart bestraft. „Ich werde nicht zugeben, was ich nicht getan habe“, sagt die gelernte Verkäuferin. Und sie nennt noch einen anderen Grund, warum es sich lohnt, für ihr Recht auf Wiedereinstellung zu kämpfen. „Es hat so viel Zuspruch für mich gegeben, viele Leute setzen auf mich. Wenn ich jetzt aufhöre, wären die enttäuscht.“ Vielen ergehe es in Deutschland ähnlich, sie würden zu Unrecht ihre Arbeit verlieren. „Mancher hat vielleicht bloß nicht den Arsch in der Hose, dagegen anzugehen“, sagt die Kassiererin.
Der Prozess gegen den einstigen Arbeitgeber hat bisher einige Tausend Euro gekostet. Dafür sprang die Rechtsschutzversicherung ihrer Gewerkschaft Ver.di ein. Nachdem die Richterin in Berlin ein weiteres Revisionsverfahren abgelehnt hat, ist unklar, woher Emmely das Geld für den weiteren juristischen Konflikt nehmen soll. „Da hab’ ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht“, sagt Emmely. Gewerkschafter und Aktivisten des linksgerichteten Labournet haben ein Solidaritätskomitee für sie gegründet. Es gibt auch ein Spendenkonto. Doch die, die Geld geben, haben oft selbst nicht so viel davon. Ver.di, so sagt die Kassiererin, habe sich für sie bisher eigentlich weniger interessiert.
Nach dem Urteil, das bundesweit durch die Medien ging und viele Leser auch bei WELT ONLINE aufgeregt hat, rief jedoch sogar die Fachbereichsleiterin für den Berliner Einzelhandel bei Emmely an. Ein solches Medienthema könnte eben auch der Gewerkschaft Pluspunkte bringen. Emmely meint: Besser spätes Interesse als gar keines.
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So wie die Kassiererin es darstellt, führte sie gerade ihr Engagement für die Arbeitnehmer bei Kaiser’s in die jetztige Lage. Anfang 2008 habe sie zuerst Verdacht geschöpft, dass sie am Arbeitsplatz nicht mehr gern gesehen sei. „Im Januar hat der damalige Marktleiter mich und andere explizit nicht zur Betriebsfeier mit Bowling eingeladen, weil wir vorher beim Einzelhandelsstreik dabei waren“, berichtet Emmely. Sie kämpften für mehr Lohn und Spätschichtzuschläge. „Eine Kollegin sagte mir noch, ‚sei vorsichtig und pass auf, was du sagst’.“
"Eine Kollegin sagte mir noch, ‚sei vorsichtig und pass auf, was du sagst’"
Das sei am 21. Januar gewesen. Einen Tag später die folgenschwere Sache mit den Bons: Es ist üblich, dass die Mitarbeiter eines Supermarkts dort einkaufen, sie nutzen ihre Pause dafür. Als Emmely an diesem Tag an die Kasse trat mit ein paar Lebensmitteln für sich selbst, „da waren an der Kasse plötzlich zwei Leute dabei, die der Marktleiter sehr wohl zur Party eingeladen hatte“, berichtet die 50-Jährige. In dieser Situation soll sie die beiden strittigen Pfandbons, die zuvor laut Kaiser’s ein Kunde im Markt verloren hatte und die laut Arbeitsanweisung im Marktbüro hinterlegt waren, eingelöst haben.
Emmely-Urteil
Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) hat das Urteil gegen die gefeuerte Berliner Kassiererin Barbara E.begrüßt. Das Landesarbeitsgericht Berlin hatte die fristlose Entlassung der 50-jährigen bestätigt. „Diebstahl ist kein Kavaliersdelikt“, sagte HDE-Geschäftsführer und Arbeitsrechtsexperte Heribert Jöris. Dem Einzelhandel entstehe jährlich durch Diebstähle von Kunden und Mitarbeitern ein Schaden von vier Milliarden Euro. Dies entspreche einem Prozent des gesamten Jahresumsatzes der Branche. (dpa)
Die Berliner Gerichte fanden das einleuchtend und in diesem Zusammenhang unerheblich, ob es nur um 1,30 Euro ging. Der Arbeitgeber sei um Vermögen gebracht worden, weil mit dem Pfandgeld der Einkauf Emmelys verbilligt worden sei. „Ein irreparabler Vertrauensverlust“, heißt es in der Begründung des Urteils. Das Gericht in zweiter Instanz warf der entlassenen Mitarbeiterin darüber hinaus vor, in verschiedenen Befragungen falsche Angaben gemacht und später wieder fallen gelassen zu haben. „Ein Zusammenhang mit der Teilnahme der Klägerin (Emmely gegen den Arbeitgeber, die Red.) an Streikaktionen ist nicht erkennbar“, heißt es weiter.
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Bei Kaiser’s ist es den Mitarbeitern verboten, solche Pfandbons einzulösen, die nicht von der Marktleitung abgezeichnet sind. So sollen die Belege von denen der Kunden unterschieden werden. Wer dennoch mit Kundenbons bezahlt, handelt gegen die Anweisung. Dass dann die Kündigung droht, ist den Mitarbeitern laut der Handelskette bekannt.
„So was mache ich mit Sicherheit nicht“, hält Emmely dagegen. „Ich gehe doch nicht zur Kasse und ziehe zwei nicht vom Marktleiter abgezeichnete Bons raus, um in Anwesenheit der beiden Kolleginnen zu bezahlen. Das wäre ja auch Irrsinn gewesen.“ Aber die Kolleginnen sagten später vor Gericht als Zeuginnen gegen Emmely aus.
Noch heute ist die ehemalige Kaiser’s-Angestellte enttäuscht von ihnen. Sie kann sich nach eigenen Angaben nicht erklären, wieso sie ausgerechnet die zehn Tage zuvor am Rückgabeautomaten für Flaschen ausgedruckten Pfandbons am 22. Januar 2008 mit eingereicht haben soll. „Wenn da überhaupt was schief gelaufen sein sollte, hätten mich die Kolleginnen an der Kasse ja direkt ansprechen können. So wie es dann lief, finde ich das einfach nur feige von denen.“
Nach dem Vorfall arbeitete die Kassiererin erst normal weiter. Am dritten Tag dann kamen die Vorwürfe wie aus heiterem Himmel, wie Emmely sagt. „Bis dahin war ich immer davon ausgegangen, dass wir im Markt eine dufte Truppe sind.“ Es folgte nach Anhörungen durch der fristlose Rauswurf, später ersatzweise eine fristgerechte Kündigung. Einen ersten Prozess wegen der Kündigungsschutzklage verlor Barbara E. im Sommer 2008.
"Ich würde sofort wieder in einem Supermarkt arbeiten"
Für die einstige Kaiser’s-Mitarbeiterin waren das Monate der Unsicherheit, und unsicher und ihres Berufs beraubt fühlt sie sich bis heute. „Das ist doch das einzige, was ich gelernt hab’ von der Pieke auf“, sagt Emmely. Wenn sie mit 50 Jahren noch einmal ein Jobangebot bekäme, sollte es was mit Lebensmitteln sein. „Ich würde sofort wieder in einem Supermarkt arbeiten.“
Wenn sie noch jemand einstellen würde. Im Einzelhandel gelten strenge Regeln für Arbeitnehmer, es gibt vergleichbare Fälle – wie das Bienenstich-Urteil von 1984, bei dem das Gericht einem Arbeitgeber rechtgab, der einer Verkäuferin gekündigt hatte, weil sie ein Stück Kuchen aus der Auslage aufgegessen hatte. Die Kündigung wegen Pfandbons für 1,30 Euro ist dennoch beispiellos. Zwar stellten die Richter, auch im zweiten Prozess, widersprüchliche Aussagen zur Tat fest. Aber allein der schwerwiegende Verdacht der strafbaren Handlung war für die Gerichte Grund genug, dem Arbeitgeber Recht zu geben.
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„Ich weiß nicht, ob ich nun noch einmal eine Chance bekomme. Den Verdacht habe ich an der Backe, so einen Stempel, auf dem steht: ‚Die hat’s getan.’ Dabei war es doch gar nicht so“, sagt die Kassiererin.
300 bis 400 Kunden hat Emmely täglich abkassiert
Barbara E. war 1977 aus ihrer Heimatstadt Neubrandenburg nach Berlin gezogen. Da war sie schon gelernte Fachverkäuferin für Waren des täglichen Bedarfs, wie der Beruf in der DDR hieß. Seitdem war sie in Kaufhallen beschäftigt, 31 Jahre lang, zunächst als Verkäuferin bei der staatlichen Handelsorganisation (HO), nach der Wende wurde sie von der neuen Eigentümerin Kaiser’s in einer Filiale im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen übernommen. 15 Jahre lang blieb sie, davon 13 an der Kasse.
Das ist ein harter Job. 300 bis 400 Kunden kassierte Emmely täglich ab, nebenbei zog sie drei Kinder groß, alleinerziehend. Die Kinder mussten in den Ferien oft allein Urlaub machen. „Ich bin auch zur Arbeit gegangen, wenn es gesundheitlich nicht so lief, ich brauchte ja meinen Job“, sagt die gefeuerte Arbeitnehmerin.
Mit der Kündigung hatte sie mit einem Schlag 500 Euro weniger im Monat zur Verfügung, gezahlt von der Arbeitsagentur. Mit dem Geld kommt man schwer hin, man muss sparen, das hat Emmely erlebt. Hartz IV bekommt sie heute, das sind nur noch 351 Euro Grundbetrag, dazu bezahlt das Jobcenter die inzwischen kleinere Wohnung und Zuschüsse für Heizung und Strom.
Einstige Kolleginnen meiden die gefeuerte Kassiererin
【第6部分】
Das ist alles irgendwie zu ertragen, meint Emmely. Sie kann sich nach eigenen Angaben auf ihre Familie verlassen und hat neue Freunde gefunden, die für sie das Solidaritätskomitee betreiben. Doch eines schmerzt sie besonders. „Zu meinem alten Kaiser’s-Markt habe ich keinen Draht mehr. Die früheren Kolleginnen drehen sich auf der Straße weg und wechseln sogar die Straßenseite. Sie tun so, als ob sie mich nicht mehr kennen“, sagt sie. „Das ist schon bitter.“
Schließlich muss Emmely diesen Weg oft gehen, am Markt vorbei, wenn sie selbst einkauft oder unterwegs ist, zu ihrem Anwalt. Nur manche Kunden von früher, die kommen auf sie zu und fragen dann besorgt, was denn da los gewesen sei. „Die sagen auch, früher sei ihr Supermarkt doch anders gewesen, freundlicher irgendwie und nicht so kalt wie jetzt“, berichtet die Ex-Kassiererin.
Bitter wäre aus Sicht des Komitees und des Anwalts von Barbara E. auch, wenn ihr Prozess ein Präzedenzfall würde, und das zu Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise, bei der auch in Deutschland zunehmend mehr Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Sie wollen verhindern, dass Arbeitgeber mit dem „Vorwand eines Verdachts“, wie es Komitee-Sprecher Jörg Nowak ausdrückt, Jobs streichen könnten.
Solche Befürchtungen hegen auch Bundespolitiker. Der Vizepräsident des Bundestags, Wolfgang Thierse (SPD), nannte das Urteil gegen Emmely sogar barbarisch und asozial. Er sprach im Interview mit der „Berliner Zeitung“ von einer Nichtigkeit, deretwegen die Kassiererin aus ihrem Job gestoßen worden sei. Für seine Justizkritik fing sich Thierse vom Berliner Anwaltsverein und Richtern Kritik ein. Für Emmely aber ist der harsche Spruch ein Hoffnungsschimmer. „Ich finde das eigentlich gut, dass die Politik da jetzt rangeht, schließlich kann so etwas ja jeden treffen.“ |
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