四月青年社区

 找回密码
 注册会员

QQ登录

只需一步,快速开始

查看: 1188|回复: 0

Der Wolf

[复制链接]
发表于 2009-7-2 07:07 | 显示全部楼层 |阅读模式
Der Wolf

   Hermann Hesse (1907)

   Noch nie war in den französischen Bergen ein so unheimlich kalter   und langer Winter gewesen. Seit Wochen stand die Luft klar, spröde   und kalt. Bei Tage lagen die großen, schiefen Schneefelder   mattweiß und endlos unter dem grellblauen Himmel, nachts ging klar   und klein der Mond über sie hinweg, ein grimmiger Frostmond von   gelbem Glanz, dessen starkes Licht auf dem Schnee blau und dumpf wurde   und wie der leibhaftige Frost aussah. Die Menschen mieden alle Wege und   namentlich die Höhen, sie saßen träge und schimpfend   in den Dorfhütten, deren rote Fenster nachts neben dem blauen   Mondlicht rauchig trüb erschienen und bald erloschen.
   Das war eine schwere Zeit für die Tiere der Gegend. Die kleineren   erfroren in Menge, auch Vögel erlagen dem Frost, und die hageren   Leichname fielen den Habichten und Wölfen zur Beute. Aber auch   diese litten furchtbar an Frost und Hunger. Es lebten nur wenige   Wolfsfamilien dort, und die Not trieb sie zu festerem Verband.   Tagsüber gingen sie einzeln aus. Da und dort strich einer   über den Schnee, mager, hungrig und wachsam, lautlos und scheu   wie ein Gespenst. Sein schmaler Schatten glitt neben ihm über   die Schneefläche. Spürend reckte er die spitze Schnauze in   den Wind und ließ zuweilen ein trockenes, gequältes Geheul   vernehmen. Abends aber zogen sie vollzählig aus und drängten   sich mit heiserem Heulen um die Dörfer. Dort war Vieh und   Geflügel wohlverwahrt, und hinter festen Fensterladen lagen Flinten   angelegt. Nur selten fiel eine kleine Beute, etwa ein Hund, ihnen zu,   und zwei aus der Schar waren schon erschossen worden.
   Der Frost hielt immer noch an. Oft lagen die Wölfe still und   brütend beisammen, einer am andern sich wärmend, und lauschten   beklommen in die tote Öde hinaus, bis einer, von den grausamen   Qualen des Hungers gefoltert, plötzlich mit schauerlichem   Gebrüll aufsprang. Dann wandten alle anderen ihm die Schnauze   zu, zitterten und brachen miteinander in ein furchtbares, drohendes   und klagendes Heulen aus. Endlich entschloss sich der kleinere Teil   der Schar, zu wandern. Früh am Tage verließen sie ihre   Löcher, sammelten sich und schnoberten erregt und angstvoll in   die frostkalte Luft. Dann trabten sie rasch und gleichmäßig   davon. Die Zurückgebliebenen sahen ihnen mit weiten, glasigen   Augen nach, trabten ein paar Dutzend Schritte hinterher, blieben   unschlüssig und ratlos stehen und kehrten langsam in ihre leeren   Höhlen zurück.
   Die Auswanderer trennten sich am Mittag voneinander. Drei von ihnen   wandten sich östlich dem Schweizer Jura zu, die anderen zogen   südlich weiter. Die drei waren schöne, starke Tiere, aber   entsetzlich abgemagert. Der eingezogene helle Bauch war schmal wie ein   Riemen, auf der Brust standen die Rippen jämmerlich heraus, die   Mäuler waren trocken und die Augen weit und verzweifelt. Zu dreien   kamen sie weit in den Jura hinein, erbeuteten am zweiten Tag einen   Hammel, am dritten einen Hund und ein Füllen und wurden von allen   Seiten her wütend vom Landvolk verfolgt. In der Gegend, welche   reich an Dörfern und Städtchen ist, verbreitete sich Schrecken   und Scheu vor den ungewohnten Eindringlingen. Die Postschlitten wurden   bewaffnet, ohne Schießgewehr ging niemand von einem Dorf zum   anderen. In der fremden Gegend, nach so guter Beute, fühlten sich   die drei Tiere zugleich scheu und wohl; sie wurden tollkühner als   je zu Hause und brachen am hellen Tage in den Stall eines Meierhofes.   Gebrüll von Kühen. Geknatter splitternder Holzschranken,   Hufegetrampel und heißer, lechzender Atem erfüllten den   engen, warmen Raum. Aber diesmal kamen Menschen dazwischen. Es war ein   Preis auf die Wölfe gesetzt, das verdoppelte den Mut der Bauern.   Und sie erlegten zwei von ihnen, dem einen ging ein Flintenschuss durch   den Hals, der andere wurde mit einem Beil erschlagen. Der dritte entkam   und rannte so lange, bis er halbtot auf den Schnee fiel. Er war der   jüngste und schönste von den Wölfen, ein stolzes Tier   von mächtiger Kraft und gelenken Formen. Lange blieb er keuchend   liegen. Blutig rote Kreise wirbelten vor seinen Augen, und zuweilen   stieß er ein pfeifendes, schmerzliches Stöhnen aus. Ein   Beilwurf hatte ihm den Rücken getroffen. Doch erholte er sich und   konnte sich wieder erheben. Erst jetzt sah er, wie weit er gelaufen war.   Nirgends waren Menschen oder Häuser zu sehen. Dicht vor ihm lag ein   verschneiter, mächtiger Berg. Es war der Chasseral. Er beschloss,   ihn zu umgehen. Da ihn Durst quälte, fraß er kleine Bissen   von der gefrorenen, harten Kruste der Schneefläche.
   Jenseits des Berges traf er sogleich auf ein Dorf. Es ging gegen Abend.   Er wartete in einem dichten Tannenforst. Dann schlich er vorsichtig   um die Gartenzäune, dem Geruch warmer Ställe folgend.   Niemand war auf der Straße. Scheu und lüstern blinzelte er   zwischen den Häusern hindurch. Da fiel ein Schuss. Er warf den   Kopf in die Höhe und griff zum Laufen aus, als schon ein zweiter   Schuss knallte. Er war getroffen. Sein weißlicher Unterleib   war an der Seite mit Blut befleckt, das in dicken Tropfen zäh   herabrieselte. Dennoch gelang es ihm, mit großen Sätzen zu   entkommen und den jenseitigen Bergwald zu erreichen. Dort wartete er   horchend einen Augenblick und hörte von zwei Seiten Stimmen und   Schritte. Angstvoll blickte er am Berg empor. Er war steil, bewaldet und   mühselig zu ersteigen. Doch blieb ihm keine Wahl. Mit keuchenden   Atem klomm er die steile Bergwand hinan, während unten ein   Gewirre von Flüchen, Befehlen und Laternenlichtern sich den Berg   entlangzog. Zitternd kletterte der verwundete Wolf durch den halbdunkeln   Tannenwald, während aus seiner Seite langsam das braune Blut   hinabrann.
   Die Kälte hatte nachgelassen. Der westliche Himmel war dunstig und   schien Schneefall zu versprechen.
   Endlich hatte der Erschöpfte die Höhe erreicht. Er stand nun   auf einem leicht geneigten, großen Schneefelde, nahe bei Mont   Crosin, hoch über dem Dorfe, dem er entronnen. Hunger fühlte   er nicht, aber einen trüben, klammernden Schmerz von der Wunde. Ein   leises, krankes Gebell kam aus seinem hängenden Maul, sein Herz   schlug schwer und schmerzhaft und fühlte die Hand des Todes wie   eine unsäglich schwere Last auf sich drücken. Eine einzeln   stehende breitästige Tanne lockte ihn; dort setzte er sich und   starrte trübe in die graue Schneenacht. Eine halbe Stunde verging.   Nun fiel ein mattrotes Licht auf den Schnee, sonderbar und weich. Der   Wolf erhob sich stöhnend und wandte den schönen Kopf dem   Licht entgegen. Es war der Mond, der im Südost riesig und blutrot   sich erhob und langsam am trüben Himmel höher stieg. Seit   vielen Wochen war er nie so rot und groß gewesen. Traurig hing   das Auge des sterbenden Tieres an der matten Mondscheibe, und wieder   röchelte ein schwaches Heulen schmerzlich und tonlos in die Nacht.
   Da kamen Lichter und Schritte nach. Bauern in dicken Mänteln,   Jäger und junge Burschen in Pelzmützen und mit plumpen   Gamaschen stapften durch den Schnee. Gejauchze erscholl. Man hatte   den verendenden Wolf entdeckt, zwei Schüsse wurden auf ihn   abgedrückt und beide fehlten. Dann sahen sie, dass er schon im   Sterben lag, und fielen mit Stöcken und Knütteln über ihn   her. Er fühlte es nicht mehr.
   Mit zerbrochenen Gliedern schleppten sie ihn nach St. Immer hinab. Sie   lachten, sie prahlten, sie freuten sich auf Schnaps und Kaffee, sie   sangen, sie fluchten. Keiner sah die Schönheit des verschneiten   Forstes, noch den Glanz der Hochebene, noch den roten Mond, der   über dem Chasseral hing und dessen schwaches Licht in ihren   Flintenläufen, in den Schneekristallen und in den gebrochenen Augen   des erschlagenen Wolfes sich brach.
您需要登录后才可以回帖 登录 | 注册会员

本版积分规则

小黑屋|手机版|免责声明|四月网论坛 ( AC四月青年社区 京ICP备08009205号 备案号110108000634 )

GMT+8, 2024-9-26 00:29 , Processed in 0.040696 second(s), 23 queries , Gzip On.

Powered by Discuz! X3.4

© 2001-2023 Discuz! Team.

快速回复 返回顶部 返回列表